Peter Huchel

HERBST DER BETTLER

Das spröde Holz am Brombeerzaun
trug auswärts Früchte viel,
ganz erdige, von Sonne braun
und Regen innen kühl.

Die nachts auf blachem Felde ruhn,
sie kämmten aus das Laub,
eh sie auf drahtgeflickten Schuhn
fortzogen unterm Staub.

Oktoberbüsche, kahl und naß,
verfaulter Nüsse Riß,
im rauhreifübereisten Gras
des Nebels kalter Biß!

Wie eine Wabe, ausgeleert,
die Sonnenblume starrt.
Der Wind, der durch die Dornen fährt,
klirrt wie ein Messer hart.

© Suhrkamp Verlag

Grafik von Manfred Rößler

Neubeginn der Reihe Poesiealbum mit dem Märkischen Verlag Wilhelmshorst:
Das erste neue Heft konnte nur dem Poeten gewidmet sein, der zu DDR-Zeiten erst spät – und für das Poesiealbum zu spät – seine Reputation erfahren hat und seine märkische Wirkungsstätte im Ort des neuen Verlags hatte.

Die Lyrik Peter Huchels – ein Querschnitt durch ein deutsches Schicksal sowie die jüngste deutsche Geschichte. »Jahreszeiten, Mißgeschicke, Nekrologe« – gelassen abwinkend bilanziert er am Ende Leben und Werk: seine Liebe zur Landschaft, sein Schicksal als politisch Verfemter, den bescheidenen Nachruhm. Jeder Leser, der in dieses faszinierende, dichtgefügte Kunstgebäude eintritt, widerlegt Huchels Skepsis und wird belohnt – wie selten in der moderen Dichtung – durch Gewichtigkeit, Stringenz, Sprachmagie und Bildtiefe.

Für die 2. veränd. Auflage hat Axel Vieregg, bester Kenner des Huchelschen Werks, eine stimmige Auswahl zusammengestellt.