An Ernst Jünger

Wir sind von außen oft verbunden,
wir sind von innen meist getrennt,
doch teilen wir den Strom, die Stunden,
den Ecce-Zug, den Wahn, die Wunden
des, das sich das Jahrhundert nennt.

 

 

Wohl kein deutscher Dichter des 20. Jahrhunderts wurde bewundert und verachtet wie dieser Sohn eines protestantischen Pfarrers aus der Prignitz. 1912 schockartig durch seine expressionistischen Morgue-Gedichte berühmt, überstand er den 1. Weltkrieg als Militärarzt. Mit nun eigener Berliner Praxis diente er sich nach seiner Aufnahme in die Akademie der Künste dem NS-Staat an, der ihn aber fallen ließ, mit Berufsverbot belegte und in seinen Blättern so anfeindete, daß der Bedrohte Zuflucht in der Reichswehr suchte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fand er sich bald begnadigt und durch die Verleihung des Büchnerpreises 1951 endgültig in die Ruhmeshalle aufgenommen, in der er mit seinem Gegenspieler Brecht zu einer der Stilikonen des gespaltenen Lands reifte.

 

Auswahl: Richard Pietraß