Die Professoren
 
Zu vieren sitzen sie am grünen Tische,
Verschanzt in seines Daches hohe Kanten.
Kahlköpfig hocken sie in den Folianten,
Wie auf dem Aas die alten Tintenfische.
 
Manchmal erscheinen Hände, die bedreckten
Mit Tintenschwärze. Ihre Lippen fliegen
Oft lautlos auf. Und ihre Zungen wiegen
Wie rote Rüssel über den Pandekten.
 
Sie scheinen manchmal ferne zu verschwimmen,
Wie Schatten in der weißgetünchten Wand.
Dann klingen wie von weitem ihre Stimmen.
 
Doch plötzlich wächst ihr Maul. Ein weißer Sturm
Von Geifer. Stille dann. Und auf dem Rand
Wiegt sich der Paragraph, ein grüner Wurm.

 

 

 

Grafik von Ernst Ludwig Kirchner

Georg Heym war es als anarchischen Sohn eines preußischen Staatsanwalts bestimmt, als stärkste Stimme seit Büchner die Französische Revolution, den Moloch Berlin und das Menetekel des lauernden Krieges große Dichtung werden zu lassen. Beflügelt von Rimbaud und Verlaine, den Romantikern Keats, Shelley und Kleist verstand er es, Hölle und Himmel, Wucht und Weltflucht zu einer expressiven Legierung einzuschmelzen. Liebeslerche, Anwalt des Auswurfs und Hellseher der Apokalypse war er, als er im Januar 1912 mit seinem Freund Ernst Balcke beim Eislaufen in der Havel ertrank.

Auswahl von Richard Pietraß

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ISBN:3-931329-82-8
EAN:9783931329822
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